Ein Beitrag zur aktuellen Budgetdiskussion
von Andreas Chvatal, Pflichtschullehrer i. R., unruhig für apfl-öli-ug i (Aktive Pflichtschullehrer:innen) in Wien und Umgebung
Da klafft es das Loch - 23 Milliarden tief. Blickt man in es hinab, ist im diffusen Licht des Lochinneren der Grund des Loches zu erahnen. Wirklich sehen kann man nichts. Und doch ist klar, dass der Hohlraum begrenzt sein muss, denn laut seriösen Angaben wurden 248 Milliarden fachgerecht ins Loch hineingezahlt, in der Absicht, es zu schließen.
War natürlich von vorneherein aussischtlos. Aber immerhin konnte der bei Weitem tiefste Teil des Loches, dessen Grund sich in einer Tiefe von 271 Milliarden befindet, bis ziemlich weit hinauf gefüllt werden.
Was da nicht alles hinein kam. Die gesamten Steuereinnahmen des betreffenden Jahres verschwanden im Loch, wie auch die Sozialabgaben. Doch das reichte nicht. Der gähnende Abgrund bleibt unverschlossen, uns allen zur Warnung. Es wird lang dauern, bis wir die 23 Mrd. eingespart und abgestottert haben werden.
Ein deutliches Indiz dafür, dass wir was nicht mitgekriegt haben. Neben dem aktuellen Loch tut sich nämlich eine ganze Reihe anderer Löcher auf, die uns auch schon Warnung hätten sein müssen, was aber irgendwie nicht passiert ist.
Beim tiefsten Loch - 31,7 Mrd. - welches 2020 entstanden war, ist das noch halbwegs verständlich. Damals hatte man Wichtigeres zu tun. Die einen forderten vehement die Impfplicht, die anderen waren mit Impfverweigerung beschäftigt. Das Rekordloch blieb unbeachtet.
Es muss übrigens zur Gänze abgestottert werden, weil ans Sparen dachte damals niemand. Die Coronahilfe sprudelte aus nunmehr lochgewordener Leere.
Glück hatte man auch keins. Ukrainekrieg - Gaspreis explodiert - Inflation - Anerkennung Letzterer als Schicksalsschlag von quasireligöser Unabänderlichkeit - Pensionserhöhungen in niegekannter Höhe, Löhne im öffentlichen Dienst ditto. Dazu Strompreisbremse und dgl.
Folge: Loch 2021 - 23,7 Mrd., Loch 2022 - 17,5 und Loch 2023 - 12,7 Mrd. zum schuldpflichtigen Abstottern durch uns alle. Jedes Loch wirkt sich auf alle nachfolgenden vertiefend aus, da die Staatsschuld stetig anwächst. Jedoch hat die neue politische Konstellation für das Loch 2024 andere Pläne. Es müsse - so gut das geht - durch Einsparungen ausgeglichen werden. Anzusetzen sei bei den Pensionen und beim öffentlichen Dienst.
Nun! Von den 271 Mrd. Lochtiefe machte der Bundesbeitrag zu den gesetzlichen Pensionen 2024 16,7 Mrd. aus, die Pensionen der Beamteten 13 und die Bezüge der Bundesbediensteten und der Landeslehrer:innen 18,7 Mrd.
Also wurden die Pensionen über 2500 Euro brutto monatlich nur um durchschnittlich 1,7% angepasst. Das wird den Aufwand bei den SVG Pensionen um 250 und den für die Beamteten um 130 Millionen verringern - schätze ich, lasse mich aber gern eines Besseren belehren.
Wenn Bundesbedienstete und Landeslehrer:innen wie die Pensionist:innen abgespeist werden, verringern sich die Kosten für sie um 180 Mill. -1 % minus. Nicht geschätzt werden muss die Einsparung durch die Änderung der Korridorpension. Sie wird mit 270 Mill. jährlich kolportiert. Die Anhebung der SV-Beiträge für die Pensionist:innen schlägt sich mit 250 Mill zu Buche. Und schwuppdiwupp ist ca. eine Milliarde eingespart. Echt beeindruckend! Die ultimative Antwort auf die Lochproblematik.
In nur 8 Jahren könnte so das für 2025 bezifferte Einsparungsvolumen von gut 8 Mrd. erbracht werden. Allerdings würden viele Pensionen und die Gehälter im öffentlichen Dienst dadurch erheblich an Wert verlieren. Z.B: würde die Pension des Verfassers dieser Zeilen einen Kaufkraftverlust von gut 5% erleiden, womit er keine große Freude hätte.
Überleben würde er das schon auch noch - der Verfasser. Lieber nicht, aber wenn es denn sein muss, wird es leichter zu ertragen sein, wenn er sich daran erinnert, dass er in diesem Text darauf hinwies, dass die Grundsteuer seit 42 Jahren unverändert ist und ihre Anhebung um die Inflation von 600% jährlich etwa 4 Mrd an Mehreinnahmen für den Staat bringen würde. Des weiteren erfreuen sich hunderte Milliarden an Privatvermögen der Steuerfreiheit. 1% davon jährlich würde den Vermögenden nicht abgehen, aber beim Füllen der Löcher gut gebraucht.
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Außerdem gibt es noch eine Preisfrage. Wie ist es zugegangen, dass der Anteil von Ländern und Gemeinden am Gesamtbudgetdefizit von einem 17% Überschuss (2,7 Mrd.) im Jahre 2022 auf ein Defizit von 21,9% (2,7 Mrd. in die andere Richtung) im Folgejahr bzw. zuletzt 23,7 % (5,4 Mrd.) gestiegen, oder eigentlich gesunken, oder... keine Ahnung! Jedenfalls, warum? Wenn wir das wüssten, wären wir klüger.
Budgetdefizite seit 2019 in Milliarden Euro:
|
Gesamter Staat |
davon: Bund |
Länder |
Gemeinden |
SV |
|
| 2019 | 2,1 | 1,4 | 0,5 | 0,09 | 0,2 |
| 2020 | 31,2 | 28,1 | 1,9 | 1,1 | 0,04 |
| 2021 | 23,7 | 21,0 | 2,0 | 0,17 | 0,17 |
| 2022 | 15,3 | 17,5 | +1,9 | +0,7 | 0,5 |
| 2023 | 12,3 | 8,8 | 0,5 | 2,2 | 0,7 |
| 2024 |
23,1 |
16,8 |
2,4 |
3,0 |
0,8 |
Anteil des Bundes:
2022 11,4%
2024 72,7%
Anteil der Länder und Gemeinden:
2022 +17% (Überschuss)
2024 23,7%
(Quelle: Statistik Austria)
Seit 2020, dem ersten Corona-Budgetjahr wurde das Maastricht Kriterium von 3% des BIP nur im Jahr 2023 erreicht.
2022 war das erste Budgetjahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine.
Der Anteil des Bundes am Gesamtdefizit sank von '22 auf '24 von 11,4 auf 72,7 %. Jener der Länder und Gemeinden stieg im selben Zeitraum stark an.
Andreas Chvatal, Pflichtschullehrer i. R


