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Sozialdumping im Bundesdienst

Offener Brief der unabhängigen Gewerkschafter:innen UGöD und der Interessensgemeinschaft der Sozialarbeiter:innen im Strafvollzug

Eine winzige Münze liegt auf einer offenen Handfläche

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Offener Brief Sozialdumping
028a-Offener Brief Sozialdumping im Bund
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Sehr geehrter Herr Sozialminister Johannes Rauch,

 

die Arbeit im Bundesdienst insbesondere für zivile Bedienstete im Strafvollzug gestaltet sich als besonders herausfordernd, wird aber von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. In Österreichs Justizanstalten arbeiten neben Justizwachebeamt:innen auch Sozialarbeiter:innen, Psycholog:innen, Krankenpflegebedienstete, (Sozial-)Pädagog:innen, Verwaltungsbedienstete, Ergotherapeut:innen, Sozialbetreuer:innen, Sonder- und Heilpädagog:innen, Physiotherapeut:innen, Seelsorger:innen und Ärzt:innen.

 

Diese für die Resozialisierung unabdingbaren Berufsgruppen werden bezüglich Bezahlung und „Sonderzuwendungen“ durchwegs vergessen. Für Bundesbedienstete gab es beispielsweise keinen „500€ Corona Bonus“ der Bundesregierung, obwohl wir ausdrücklich auch auf diese Berufsgruppen in Justizanstalten hingewiesen haben.

 

Nun wurden Pflegebedienstete im Entwurf des Entgelderhöhungs-Zweckschutzgesetz – EEZG und auch bezüglich der Schwerarbeiter:innenregelung „vergessen“! Es ist nicht nachvollziehbar warum ein:e im Abteilungsdienst tätige:r Justizwachebeamter:in mit 60 Jahren pensioniert wird und ein:e Pflegebedienstete:r – welche exakt die gleichen Tätigkeiten zusätzlich (!) zu pflegerischen Aufgaben in den Abteilungen – erst mit 65 Jahren die Pension antreten kann.

 

Nicht nur Covid sollte uns allen gezeigt haben, wie unumgänglich wichtig diese Berufsgruppen für einen funktionierenden Rechtsstaat sind. Ebenso wichtig und unabdingbar sind alle oben angeführten Berufsgruppen für die Resozialisierung und Gewährleistung des Gewaltschutzes und der Sicherheit in Österreich!

 

Dennoch werden gerade diese Berufsgruppen aufgrund deren Gehaltsschemata im Bundesdienst viel schlechter entlohnt, wie vergleichsweise Landesbedienstete und auch in der Privatwirtschaft Tätige. Demzufolge und auch aufgrund der besonders schwierigen Arbeit mit Insass:innen haben in den letzten Monaten überdurchschnittlich viele, engagierte und auch langjährige Mitarbeiter:innen ihr Dienstverhältnis zum Bund gekündigt, da sie sich das Leben aufgrund der enormen Preissteigerungen in den letzten Wochen nicht oder kaum mehr leisten konnten.

 

Wir möchten Ihnen, Herr Sozialminister Rauch als ausgebildeter Sozialarbeiter, am Beispiel der Sozialarbeit in Justizanstalten aufzeigen, welche gravierenden Gehaltsunterschiede Bundesbedienstete im Vergleich zu anderen Dienstgebern auf sich nehmen müssen und wir ersuchen Sie dieses „Gehaltsdumping“ bis zu 25,32% endlich auszugleichen. Im Anhang finden Sie ein Schreiben der Interessengemeinschaft der Sozialarbeiter:innen an Justizanstalten Österreichs mit einer genauen Analyse der derzeitigen Gehaltssituation im Sozialen Dienst.

Zudem muss angeführt werden, dass das Studium der Sozialen Arbeit ausschließlich im Rahmen eines ordentlichen Bachelorstudiums gem. § 6 Fachhochschulstudiengesetz absolviert werden kann und Absolvent:innen – ebenso wie Psycholog:innen und Pädagog:innen – mindestens 180 ECTS erwerben. Dennoch werden Sozialarbeiter:innen in Justizanstalten in die Entlohnungsstufe v2 („Maturaniveau“) eingestuft, obwohl diese durch den Erwerb des einschlägigen Bachelorgrades das Ernennungserfordernis der Hochschulbildung erfüllt haben. Im Gegensatz dazu werden Psycholog:innen und Pädagog:innen in v1 eingestuft. Dies stellt eindeutig eine gesetzwidrige Ungleichbehandlung dar und wir ersuchen Sie diese zu beenden. Besonders interessant stellt sich diese Ungleichbehandlung insofern auch dar, dass mittlerweile in der Oberbehörde (Generaldirektion) beschäftigten Sozialarbeiter:innen bereits nach v1/A1 bezahlt werden.

 

Auch wenn Sozialarbeiter:innen im Bundesdienst – ebenso wie alle anderen zivilen Berufsgruppen im Strafvollzug – nicht in einem privatrechtlichem Dienstverhältnis stehen, muss doch insbesondere der Bund dafür Sorge tragen, dass kein „Sozialdumping“ analog dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) in deren Ressorts stattfindet und Mindeststandards und Wettbewerbsbedingungen gegenüber der Privatwirtschaft sichergestellt werden. Gerade auch im Hinblick auf das von der Regierung beschlossenen Gewaltschutzpaket, muss eine adäquate Resozialisierungsleistung der im Strafvollzug tätigen zivilen Bediensteten einen höheren Stellenwert innehaben und fachlich/persönlich geeignete Bedienstete gefunden und auch im Dienstverhältnis behalten werden können, welches derzeit aufgrund der niedrigen Bezahlung nicht gewährleistet ist.

 

Über ein persönliches Gespräch zur Erläuterung würden wir uns sehr freuen!

Vielen Dank!

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Mag. Sandra Gaupmann

Stv. Vorsitzende UGöD

Stv. Vorsitzende des ZA NiEx

 

Hannelore Haindl, MA

Sprecherin der IG
Sozialarbeiter:innen an Justizanstalten Österreichs

 

Wien, am 17. Juni 2022

 

Kopie ergeht an BM für Justiz Dr. Alma Zadić LL.M

 

 



Quelle:

 

APA-Pressetext