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Zensur des Internets

Beschlossene Sache: Ende der Informationsfreiheit.

In 150 Sekunden:

Verlage: Hass auf das Netz

 

Den großen Verlagen ist das freie Internet ein Dorn im Auge. Es ist der größte Konkurrent für Zeitungen und Bücher. Sie wollen daher am Internet „mitverdienen”. Doch hier gilt freier Datenverkehr. Den lassen sie künftig  verbieten.

 

Totale Netz-Zensur

 

Die Großverlage dachten sich dazu ein neues EU-Gesetz aus: Künftig sollen die Provider für alles haften, was wir im Internet verbreiten: Texte, Bilder, Fotos, Videos, Tonaufnahmen, Livestreams – einfach alles.

 

Alle neuen Inhalte müssen künftig auf „Illegalität” überprüft werden – schon beim Hochladen. Eine fast unmögliche Aufgabe. Dazu werden mächtige automatische Filter nötig. Fast allmächtige Lizenzstellen würden dann innerhalb der EU alles vorab überprüfen und zensieren. Eine Horrorvision? Nein, Realität. Das EU-Parlament beschloss das am 26. März 2019 tatsächlich so.

 

EU-Parlament stimmt ab für Zensur

 

Massen von kritischen Jugendlichen formierten sich gegen diese Pläne im Netz. Konservative Politiker behaupteten daraufhin schlicht, das seien nur „Bots” (automatisch erstellte Texte). Daraufhin protestierten die Jugendlichen erst richtig, 140.000 gingen in mehr als 80 europäischen Städten auf die Straße.

 

Die Kids wissen, was droht. Zensurfilter kennen sie längst. Die Videoplattform „Youtube” zensiert seit Jahren, und deren riesiger Filter ist schrecklich fehleranfällig. Er löscht mit Vorliebe selbstgemachte Kindervideos, dafür übersieht er fast jede Form der Darstellung von Gewalt.

 

Trotz aller Proteste wurde das umstrittene Gesetz im Europaparlament in Strasbourg beschlossen. Die EU-Staaten haben nun 2 Jahre Zeit, die Zensurpläne in Form nationaler Gesetze umzusetzen.

 

An der Realität vorbei

 

Wie sollen solche Zensurfilter alle urheberrechtlich geschützten Werke der Menschheit kennen? Vieles ist analog und offline. Das Meiste ist überhaupt in Privatbesitz und überall auf der Welt verstreut. Wer digitalisiert nun rasch alle Kunstschätze der Menschheit? Ein Ding der Unmöglichkeit.

 

Im Zweifel: schuldig

 

Wir alle müssen dann einen ständigen Kampf gegen die allmächtigen Filter führen, vor allem gegen ihre ständigen Fehler. Jedesmal, wenn ein Text oder Bild vom Filter abgelehnt wird, müssen wir mühsam den Konzernen unsere Unschuld beweisen. Und „dank” der allmächtigen Filter wissen die immer, was wir tun.

 

Die Großen werden überleben, und die Preise steigen

 

Von „Zensur-Filtern” ist im Gesetz natürlich nicht die Rede, sondern nur von der Haftung für alle Inhalte. Doch das ginge nur automatisiert. Und nur ganz große Konzerne könnten sich eine komplette juristische „Vorab-Prüfung” aller Inhalte leisten. Kleine Webseiten müssten die teuren Filter eben mieten, oder den Betrieb einstellen. Der Aufwand wäre jedenfalls gigantisch.

 

Diese Kosten müssten wir selbst bezahlen. Die Folge: teurere Handytarife, höhere Internetgebühren und teurere Webseiten.

 

Ein großer Teil an Seiten, Texten, Bildern und Apps verschwindet dann aus dem Internet oder wird in der EU eben blockiert werden.

 

Unsichtbare Zensur.

 

Das Schlimme: Die automatischen Filter werden nur wenige bemerken - ganz ähnlich wie in China. Was dort nicht "passt", verschwindet einfach lautlos. Stille Zensur. Leise und unspektakulär.

 

Kurioser Nachsatz...

 

Wir wollten neulich ein kritisches Gedicht hier veröffentlichen. Ein ganz kurzes, kleines Gedicht. Wir riefen beim Verlag an. Die Antwort: 5 Wochen Wartezeit zur Bearbeitung, Vorabinkasso 78 Euro brutto für 6 Textzeilen. Davon hätte die Autorin wenige Cent bekommen. Wer so arbeitet, hasst nicht nur das Internet.

 


Weitere Infos:

Fotostrecke: Jugenddemo gegen die Netzzensur, Wien 23. 3. 2019