· 

Lasset uns forschen und lehren!

Ein Mann spricht vor einer Reihe Menschen

Die Forderungen nach der Beseitigung unzumutbarer Arbeitsbedingungen an den Universitäten

 

Als „Unterbau – Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Vernetzung“ hat sich am 22. April dieses Jahres jene Initiative konstituiert, die mit Forderungen zur Beseitigung von Missständen in der Beschäftigungsstruktur an österreichischen Universitäten auch mediale Aufmerksamkeit erregt hat. Wissenschaftlich fundiert aufbereitet konnte überzeugend dargestellt werden, dass nicht nur überzogene hierarchische Strukturen motivationshemmend wirken, sondern vor allem der extrem hohe Anteil von prekär beschäftigtem Universitätspersonal dem Ziel exzellenter Lehre und Forschung an den Unis diametral zuwiderläuft. Diese Personalpolitik beschädigt und zerstört massenhaft wissenschaftliche Lebensläufe und diese Diagnose belegen diejenigen authentisch am besten, die es selbst betrifft. Die Auffassungsunterschiede zwischen der Seite der Arbeitgeberinnen und jener der wirklich Betroffenen ist beträchtlich groß. Extrem verkürzt ließe sich sagen, dass einerseits Wettbewerbs- und Karrieredruck, sowie das Herstellen von „Generationengerechtigkeit“ in der universitären Personalstruktur die Schaffung eines arbeitsrechtlichen Sonderrechts für extrem lange Phasen von Kettenverträgen rechtfertigen würde (Position der Arbeitgeberinnen), während andererseits die betroffenen Arbeitnehmer:innen nicht erkennen können, dass Angst und Stress ein guter Nährboden für innovative Forschung wären, sondern Rahmenbedingungen fordern, in denen kreativ und ergebnisoffen geforscht werden kann.

 

Die Initiative veranstaltet regelmäßig spannende, oft kontrovers verlaufende Podiumsdiskussionen mit Einbeziehung des Auditoriums; auch die Konstituierung war ein „Gründungsevent“ in den Räumen der Arbeiterkammer Wien. Zuletzt, am 22. Mai, war Rektor Schütze von der Uni Wien am Podium und ließ mit der Ankündigung aufhorchen, dass bestimmte „bewährte“ Drittmittelangestellte, wenn sie weiterhin Drittmittel einwerben, nach acht Jahren entfristet werden sollen. Später schränkte er ein, dass dies nur für Projektleiter:innen gelten werde, nicht aber für Leute, die „irgendwann irgendwo mitgearbeitet haben". Der Nutzen fürs Auditorium: Personalpolitik an Österreichs größter Universität in Echtzeit! Es folgte sogar die Information, dass die Kosten u.a. von den Dekanaten mitgetragen werden müssten, was immer das konkret heißen mag. Wenn es um Drittmitteleinwerbung geht, steigt die Flexibilität und der Einfallsreichtum. Wahrscheinlich wäre alles viel leichter, entspannter und entfristeter, wenn es den Rektor:innen gelänge, mehr zusätzliche Kündigungsgründe in den Kollektivvertrag hineinzuverhandeln. Übrigens ortete Rektor Schütze die Lektor:innen als „vollkommen anderes“ Problem, das – mögen sie nebenberuflich tätig, oder doch „wichtig“ sein – erst 2028 wirklich schlagend werden würde.

 

Wieso diese Konfusionen?

 

Es lohnt sich vielleicht zu wissen, wovon hier eigentlich die Rede ist.
Um die Positionen des „Unterbau – Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Vernetzung“ besser verstehen zu können, lohnt es sich, deren Positionen zu studieren.

 

Man sollte sich die Dimension vor Augen halten, dass 80% des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals von permanenter prekärer Beschäftigung betroffen sind.

 

Wenn man die Fassung von 2002 der gesetzlichen Grundlage für die Zulässigkeit von Kettenverträgen mit jener von 2021 vergleicht, kann man erahnen, worin die heute zweifellos unzumutbare Belastung der Beschäftigten bestehen mag. Die Forderung nach der Abschaffung des § 109 UG ist dann nur noch ein kleiner, logischer Schritt.

 

 

Stefan Schön

Pressesprecher der UGÖD

 

 



PDF:

Download
§109_Textgegenüberstellung
§109_Textgegenueberstellung.pdf
Adobe Acrobat Dokument 51.9 KB